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Gropius Bau

Akinbode Akinbiyi im Gropius Bau

Das Ausstellungsprogramm des Jahres 2020 im Gropius Bau beginnt mit der Fotoausstellung Six Songs, Swirling Gracefully in the Taut Air, die Werke aus Langzeitserien des in Berlin lebenden nigerianischen Fotografen Akinbode Akinbiyi aus vier Jahrzehnten versammelt.

Berlin, 21.02.2020

Akinbode Akinbiyi, Bar Beach, Victoria Island, Lagos, 2006. Aus der Serie Sea Never Dry, Fotografie
Quelle: © Akinbode Akinbiyi

Akinbode Akinbiyi: Six Songs, Swirling Gracefully in the Taut Air


Gropius Bau - vom 7. Februar 2020 bis 17. Mai 2020

Das Ausstellungsprogramm des Jahres 2020 im Gropius Bau beginnt mit der Fotoausstellung Six Songs, Swirling Gracefully in the Taut Air, die Werke aus Langzeitserien des in Berlin lebenden nigerianischen Fotografen Akinbode Akinbiyi aus vier Jahrzehnten versammelt. Die Ausstellung untersucht Akinbiyis künstlerischen Ansatz als Wanderer und Mittler zwischen den Hemisphären, der unablässig Küstenregionen und Städte wie Lagos, Berlin, Johannesburg, Bamako, Athen, Chicago, Dakar und Khartum dokumentiert und durchwandert. Sein Atelier ist die Stadt; vor seiner Kamera werden die täglichen Rituale der Menschen zu wiederkehrenden Erscheinungsformen. Die Ausstellung beleuchtet seine einzigartige Beziehung zur Mittelformatfotografie und den Einsatz der zweiäugigen Spiegelreflexkamera, die die Seele bewohnter Landschaften vermittelt. Aus den hunderten Fotografien, die diese Langzeitprojekte umfassen und die das persönliche Archiv des Künstlers bilden, wird im Gropius Bau eine besondere Auswahl zusammengestellt. Die Schau bildet damit Akinbiyis erste große Einzelausstellung in Deutschland nach seiner Teilnahme an der documenta 14 in Kassel und Athen.
„Zu Beginn unseres Ausstellungsprogramms des Jahres 2020 freuen wir uns, Akinbode Akinbiyi mit einer Einzelausstellung begrüßen zu dürfen. Akinbiyi, der seit vielen Jahren in Berlin lebt und arbeitet, hat den Wandel der Stadt seit Anfang der 1990er Jahre aus seiner ganz eigenen Perspektive beobachtet und dokumentiert. Angesichts der rasanten Veränderungen Berlins ist es für uns wichtig, seiner einzigartigen Sichtweise eine institutionelle Plattform zu geben.“ – Stephanie Rosenthal, Direktorin des Gropius Bau
Im Gegensatz zu einer Welt, die von einem kontinuierlichen Strom von Sofortbildern besessen ist, versammelt Akinbiyi bedächtig bemerkenswerte Details aus der alltäglichen Oberfläche sowie gelebte Rhythmen und soziale Texturen von Orten. Er zieht es vor, undramatische Augenblicke zu beobachten – sowohl morbide als auch freudige. Er findet Momente der Hoffnung im dunklen Innenleben der Städte und dokumentiert das Zusammentreffen von atmenden Körpern und Spiritualität. So bemerkt der Künstler: „Ich beobachte, nehme an diesem urbanen Phänomen teil und versuche zu dokumentieren. Es bedarf einer Art Feingefühl, die Zugänge einer Stadt zu verstehen.“
Zu den bedeutenden Arbeiten in der Ausstellung gehört die Serie Lagos: All Roads (1980er Jahre bis heute), die die vielen Stimmungen und Gesichter von Akinbiyis Heimatstadt und Afrikas größter Metropole, Lagos, einfängt. Seine Fotografien nähern sich dem urbanen Umfeld, indem sie zwischen Anonymität und Verwandtschaft, Lärm und Zuflucht schwanken. Die Betrachter*innen erleben diese Bildsequenzen als zusammenhängende Folgen mit offenem Ende. Jedoch wird die Megastadt nie in Gänze erfasst, da sie sich in einem beständigen Stadium der Neuerfindung und des Zusammenbruchs befindet. Während sich verschiedene Bilder dieser Serie auf Straßenecken, soziale Prozesse und Marktplätze konzentrieren, beleuchten zahlreiche Szenen die Verbreitung von Fotostudios, Druckereien und Fassadentexten, die die visuelle Grammatik von Lagos und seine Beziehung zur Bildgestaltung vermitteln.
Akinbiyi kombiniert Gefühl und Handwerk; er hebt die Bedeutung des „Bildermachens statt Fotografierens“ hervor und hat erkannt, dass die Aufnahme eines Bildes ein Ereignis für sich ist. Der Titel der Ausstellung, Six Songs, Swirling Gracefully in the Taut Air, verweist auf die Bedeutung der Klangebene in der Praxis Akinbiyis, mit der er uns an der visuellen Grammatik des Zuhörens teilhaben lässt. Seine Fotografie kann auch anhand von Elementen des improvisierten Jazz untersucht werden, beispielsweise in Bezug auf kollektive Affinität, experimentelle Notation, Serialität und frei gespielte Arrangements. Das Heilige und das Profane werden in Sea Never Dry (seit den 1980er Jahren) miteinander verwoben. In dieser Serie werden die Küstenregionen westafrikanischer Städte und Europas zusammengebracht: Neben dem öffentlichen Leben an Stränden werden zugleich Szenen heiliger Zeremonien, des Straßenhandels, Tourismus und der Umweltzerstörung festgehalten.
Die Fotoserie African Quarter ist seit den späten 1990er Jahren in Berlin entstanden und dokumentiert Begegnungen in der afrikanischen Diaspora und den afrodeutschen Communitys der Stadt, vor allem im Bezirk Wedding. Akinbiyi durchläuft Straßen, denen seit der Berliner Konferenz von 1884 Spuren der deutschen Kolonialvergangenheit eingeschrieben sind und beleuchtet dabei zeitgenössische Geschichten von Migration und Verfolgung. Gebrochene Ansichten der sich wandelnden Metropole bringen sowohl Geister einer gemeinsamen Vergangenheit als auch untergeordnete Stimmen der Gegenwart hervor. Als Gegenbild zur Stadt werden in African Quarter Straßen wie das May-Ayim-Ufer und der Martin-Luther-King-Weg aufgesucht, um an Persönlichkeiten zu erinnern, die sich gegen Rassismus einsetzten und die lange Geschichte des Kampfes gegen den Kolonialismus bewahrten. Insgesamt geht diese Serie aus der autobiografischen Erfahrung des Fotografen als Berliner hervor.
Als Fotokünstler engagiert sich Akinbiyi auch als Mentor, Kurator und Autor, der über Fotografie insbesondere im afrikanischen Kontext schreibt. Seine Beziehung zum Medium Fotografie geht weit über den direkten Gebrauch einer Kamera hinaus. Selten hat ein Fotokünstler so viele Reisen unternommen, um eine enzyklopädische Reihe von Bildern zu kreieren, die konsequent den Realitäten der gesamten afrikanischen Welt und darüber hinaus nachspüren. Akinbiyi betrachtet die unterschiedlichsten Lebensumstände und Landschaften in verschiedenen Graustufen.
Ein abschließendes Element dieser Ausstellung ist der Kurzfilm I wonder as I wander des Künstlers und Schriftstellers Emeka Okereke. Gedreht in Berlin und Bamako gibt er einen tieferen Einblick in Akinbode Akinbiyis Methodik, seine anekdotischen Aufzeichnungen und Arbeitsprinzipien.
Ein abschließendes Element dieser Ausstellung ist der Kurzfilm I wonder as I wander des Künstlers und Schriftstellers Emeka Okereke. Gedreht in Berlin und Bamako gibt er einen tieferen Einblick in Akinbode Akinbiyis Methodik, seine anekdotischen Aufzeichnungen und Arbeitsprinzipien.
Kuratiert von Natasha Ginwala, assoziierte Kuratorin

Über den Künstler

Der 1946 in Oxford als Kind von Studierenden aus der ehemaligen Kolonie Nigeria geborene Fotokünstler Akinbode Akinbiyi studierte in den 1960er Jahren im nigerianischen Ibadan und in den 1970er Jahren in Heidelberg, bevor er nach Westberlin zog. Obwohl er als begeisterter Leser von Belletristik und Lyrik zunächst Literatur studierte, begann Akinbiyi die Welt durch den Sucher einer Kamera zu sehen und erlernte Anfang der 1970er Jahre den technischen Prozess in der Dunkelkammer. Als Wanderer und Mittler zwischen den Hemisphären dokumentiert und durchläuft er seit seinem STERN-Reportage-Stipendium von 1987 unablässig Städte wie Lagos, Kano und Dakar. 1993 war Akinbiyi Mitbegründer von UMZANZSI, einem Kulturzentrum im Township Clermont im südafrikanischen Durban. Im Laufe der Jahre hat er Fotograf*innen in Afrika und anderen Teilen der Welt unterrichtet und als Mentor betreut. 2016 wurde Akinbiyi mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.
Akinbiyis Arbeiten waren bislang zu sehen in Porträt Afrika, Haus der Kulturen der Welt, Berlin; Goethe-Institut Lagos (2000); Les 4e Rencontres africaines de la photographie, Bamako; Africa Apart, nGbK, Berlin (2001); Africa Remix, Düsseldorf, London, Paris, Tokio, Stockholm, Johannesburg (2004–2007); Museum für Völkerkunde, Dresden (2007); Iwalewahaus, Bayreuth (2009); Goethe-Institut Johannesburg (2013–2014); Philadelphia Museum of Art (2016); documenta 14, Athen und Kassel; La Villette, Paris (2017); African Metropolis, MAXXI, Rom (2018); Echoes of the South Atlantic, Salvador, Rio de Janeiro, São Paulo (2018–2019); Barenboim-Said Academy, Berlin und in der 12. Ausgabe der Rencontres de Bamako, Streams of Consciousness (2019).

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